Hundeausbildung beim Hundeflüsterer

Samstag, 24. Juli 2010 21:01:31

Nachdem wir bei unserem ersten Hund, auch eine Bouvier Hündin, etwas zu locker mit der Ausbildung waren - man verzeihe uns beim ersten eigenen Hund - wollten wir beim zweiten Hund zumindest diese Sache gleich von Anfang an richtig machen. Unsere jetzige Hündin Guanna hat einen sehr ausgebildeten Schutztrieb (vorallem gegenüber Radfahrern und Joggern) und daher ist eine gewisse Basisausbildung durchwegs notwendig gewesen. Wir begannen so, wie jeder andere mehr oder weniger gut erfahrene Hundebesitzer beginnen würde: wir gingen mit unserem Hund in die Hundeschule.

Emmentaler & Co. - funktioniert das?

Mit besten Vorsätzen buchten wir gleich Einzelstunden um die Ausbildung so effizient wie möglich zu gestalten. Die derzeitige Methode der Hundeausbildung mit dem Käse als Köder ist wohl den meisten Hundebesitzern bekannt. Trotzdem kurz zur Wirkungsweise: Hunde lieben Käse und daher soll es als perfektes Überzeugungsmittel dienen. Natürlich würde auch Wurst oder ähnliches funktionieren, jedoch beginnt Wurst bei größerer Hitze schnell zu riechen und schwitzen. Der Käse wird also beispielsweise bei der Fußübung in der Hand gehalten, so dass nur ein kleines Stückchen zu jedem Zeitpunkt für den Hund erreichbar ist. Der Hund folgt dem Käse und führt damit, nebenbei, die Übungen durch.

Klingt doch alles sehr gut, oder? Stimmt, jedoch zeigte sich schnell ein gewisses Desinteresse des Hundes am Köder. Man konnte ihr den Käse vor die Nase halten und alles was sie tat war wegschauen. Nun sind wir auch schon an den Grenzen dieser Methode angelangt: Nur absolut verfressene Hunde können mit dieser Methode in einer sinnvollen Zeit trainiert werden. Außerdem garantiert diese Methode nicht, dass der Hund das Erlernte auch ohne Köder macht. Gerade Bouviers sind nicht dumm und verstehen schnell wie der Hase läuft. Man darf nicht vergessen, dass ein Hund nur etwas tut wenn man ihn dazu mit Nachdruck bewegt oder ihn dafür eine Belohnung bietet. Bei zweiterem ist man jedoch auf die Laune und Lust des Hundes angewiesen.

Der steinige Weg zu einer neuen Wahrheit

Durch Bekannte, die schlichtweg begeistert von der Ausbildung waren, erfuhren wir vom Hundeflüsterer. Bisher kannten wir nur den Pferdeflüsterer, der seine Hand auf den Kopf des Pferdes legt, ihm tief in die Augen sieht und durch Anwendung von übernatürlichen Fähigkeiten mit dem Tier kommuniziert. Wurde uns etwa ein Merlin für Hunde empfohlen? Zuerst lachten wir, nachdem jedoch kein wirklicher Fortschritt messbar war und auch die Einzelstunden in der Hundeschule nicht mehr möglich waren (aus zeitlichen Gründen des Hundetrainers), entschlossen wir uns doch Kontakt mit dem Hundeflüsterer herzustellen.

Wir näherten uns langsam dem unbekannten Terrain und machten uns zuerst einen Termin für einen Wesenstest aus. Wir fuhren also in die Steiermark und wurden vom Hundeflüsterer Josef Niederl höchstpersönlich empfangen. Das Areal war riesig und umfasste, wie wir später erfuhren, einen großen Teil eines Waldes in dem die Ausbildungen durchgeführt und Erlebnispaziergänge angeboten werden. Der Test ansich bestand aus einzelnen Stationen bei denen der Hund gewissen Situationen ausgesetzt wurde wie Geräusche, andere Untergründe oder Bedrohungen. Die Reaktion des Hundes wurde dann in einem abschließenden Gespräch bewertet. Natürlich erhielten wir auch Informationen über die Grundausbildung. Herr Niederl machte sich große Mühe uns die Grundkonzepte der Ausbildung zu erklären.

Er bot uns mehrere Möglichkeiten an, die Ausbildung des Hundes durchzuführen: Entweder jeweils am Wochenende (das war bei uns nicht möglich aufgrund des weiten Anreisewegs), oder innerhalb drei fortlaufender Tage oder aber auch gänzlich ohne die Besitzer. Letzteres kam nicht in Frage, wir wollten natürlich dabei sein um den vollen Prozess verfolgen zu können. Nur drei Tage zum Erfolg? Wir konnten uns nicht vorstellen, dass das klappen würde. Tatsächlich wird bei der Ausbildung großteils der Besitzer trainiert, weshalb die kurze Zeit ausreicht. Natürlich hört die Ausbildung nicht nach den drei Tagen auf, sondern der Besitzer muss seinen Hund weiterhin fördern und trainieren.

Wir mieteten uns in einer Pension in Mureck ein und fuhren jeden Tag zum Ausbildungsplatz.

Tag 1

Am ersten Tag erfolgte ein kurzes Briefing was uns erwarten würde und die benötigten Ausrüstungsgegenstände wurden uns übergeben, darunter auch zwei Spezialanfertigungen. Man erklärte uns, dass für eine erfolgreiche Ausbildung des Hundes vorallem Konsequenz erforderlich ist. Herr Niederl betonte, dass seine Ausbildung keine akkrobatischen Hundetricks umfasse sondern den Hund zur Alltagstauglichkeit erziehe.

Die erste Übung war das Fuß gehen. Wir gingen mit Herrn Niederl und dem Hund durch den Wald und bekamen Tipps und Erklärungen für den richtigen Umgang mit dem Tier. Natürlich durfte auch die eine oder andere Geschichte nicht fehlen. Parallel zur Fußübung wurde auch das Platz und Sitz machen geübt. Ersteres ist eine der schwierigsten Übungen, da der Hund solange im Platz verharren muss, bis er vom Besitzer erlöst wird. Alle Übungen wurden zu Beginn ohne Leckerli, aber natürlich nicht gänzlich ohne Belohnung, durchgeführt.

Tag 2

Der zweite Tag umfasste im Prinzip das selbe Programm wie der erste, jedoch mit einer Flexi-Leine. Der Hund durfte sich mit der Flexi-Leine frei bewegen, musste jedoch auf die entsprechenden Kommandos hören und sie auch an dieser Leine befolgen. Kurz vor dem Ende der ersten Halbzeit, gab es noch eine Auflockerungsübung: Der Besitzer lief zu einem Versteck und rief den Hund. Danach wurde der Hund von der Leine genommen und durfte ihn suchen gehen. Ein sichtlicher Spaß für den Hund und testet nebenbei gleich die Bindung zum Herrchen oder Frauchen.

Zu Mittag ging's dann ins Gasthaus. Auch hier ging die Ausbildung weiter, denn der Hund muss sich auch an diese Situation gewöhnen, wenn viele Leute (und auch Kinder) an ihm vorbeilaufen, der Kellner kommt oder seine Besitzer aufstehen um auf die Toilette zu gehen. Nun zeigte sich, warum die Platzübung so wichtig war.

Nachmittags kam das Begegnen von anderen Hunden an die Reihe. Obwohl gegen das Spielen nichts einzuwenden ist, sollte der Hund nicht von selbst damit beginnen. Man denke dabei an eine Situation, bei der zwischen den sich begegnenden Hunden eine Bundesstraße liegt. Solange der Hund also an der Leine geht, soll er andere Hunde ignorieren. Gibt es keine Bedenken gegen das Herumtollen, darf der Hund natürlich seinen Spieltrieb ausleben.

Tag 3

Der letzte Tag hatte ein volles Programm. Den Morgen begannen wir mit einem Ausflug auf den Spielfelder Bahnhof. Dort angekommen, wurde der Hund in der Wartehalle abgelegt. Der Besitzer verließ den Raum und kam nach einigen Momenten zurück. Der Hund musste natürlich wieder im Platz bleiben bis er explizit aufstehen durfte. Danach gab es Action, wir stiegen alle in einen wartenden Zug ein und gingen mit den Hunden durch die Abteile. Wieder folgte eine Platzübung im Zug. Auch das korrekte Verlassen des Zuges (Mensch vor Hund) wurde eingeübt. Den Abschluss machte das Hinauf- und Herabsteigen von Gitterstiegen, ohne dass der Hund von der Seite weicht.

Vom Bahnhof gings dann weiter in ein kleines Einkaufszentrum. In einem Bekleidungsgeschäft wurde der Hund zwischen den Gängen abgelegt und die Besitzer bewegten sich weg. Der Hund konnte dabei sein Herrchen oder Frauchen nicht sehen, eine echte Herausforderung. Wir dachten nicht, dass das klappen würde, doch es funktionierte problemlos.

Am Nachmittag fuhren wir nach Mureck um die Begegnung von Joggern zu üben, dabei wurde der Jogger von einem Ausbildner gespielt. Nach zwei Anläufen begriff der Hund, dass er auch Jogger ignorieren muss. Zurück am Ausbildungsplatz gab es noch eine kurze Lektion mit Schleppleine und Pfeife. Kommandos mit Pfeife funktionierten besonders gut und waren schnell erlernt.

Tag 4

Eigentlich war die Ausbildung schon vorbei, jedoch entschieden wir uns dafür erst am Abend nach Hause zu fahren um noch ein wenig in die Schutzausbildung zu schnuppern. Dazu wurde erst getestet, ob der Hund überhaupt einen ausreichenden Schutztrieb besitzt, denn manche Hunde können überhaupt nicht zum Schutz ausgebildet werden. Entgegen der landläufigen Meinung wird bei einer Schutzübung der Hund nicht geschlagen, getreten oder sonstwas brutales gemacht. Tatsächlich wird nicht sein (Eigen-)Schutztrieb sondern sein Beutetrieb aktiviert. Die Beute war zu Beginn nur ein Handtuch. Der Hund wurde vom Besitzer an der Leine und einem breiten Halsband gehalten, während der Ausbildner die Aufmerksamkeit auf das Handtuch lenkte. Der Beutetrieb setzte innerhalb weniger Sekunden ein, der Hund wollte unbedingt das Handtuch haben. Nachdem das so gut klappte, wurde die Aufmerksamkeit schnell auf eine Beißwurst umgelenkt. Am Ende der Übung durfte der Hund gewinnen und mit der Beißwurst stolz von Dannen ziehen. Erst im Kofferraum des Autos ließ sie ihre Beute los.

Fazit

Die Ausbildung war ein voller Erfolg. Bisher gab es nie wieder irgendwelche Probleme mit Joggern oder Radfahrern. Obwohl die Ausbildung nicht ganz günstig war, darf man nicht vergessen, wieviel Geld man in konservative Ausbildungen über die Zeit investiert. Vorallem Besitzer die hartnäckige Probleme mit ihren Hunden haben sollten einmal mit Herrn Niederl sprechen. Aber auch für Hundebesitzer, die weniger Interesse an einem Zirkus- als an einem gebrauchsfähigen Hund haben, lohnt sich ein Blick auf die alternative Ausbildungsmethoden.

Weblink: Hundezentrum Niederl